Neulich im Amtsgericht 55
Das Kind lebt seit über fünf Jahren, seit kurz nach der Geburt in der Pflegefamilie. Die leiblichen Eltern haben sich seitdem nicht gemeldet. Das Jugendamt ist Vormund. Das Kind entwickelt sich gut. Plötzlich der Antrag der Großmutter, Mutter der leiblichen Mutter. Sie wolle Umgang. Jedes 2. Wochenende und die Hälfte der Ferien. Nur so könne das Kind seine Wurzeln kennenlernen und Kontakt zur leiblichen Familie bekommen. Langfristig solle das Kind in den Haushalt der Großmutter wechseln. Das ein ihre einzige noch lebende Verwandte, da gehöre ein Kind hin. Eine Pflegefamilie sei immer nur Familie auf Zeit.
Das Jugendamt ist unsicher. Grundsätzlich habe eine Großmutter natürlich ein Umgangsrecht. Außerdem sei es für die Identitätsentwicklung des Kindes sicher gut, wenn es persönlichen Kontakt zu der einzigen noch lebenden leiblichen Verwandten habe. Die Verfahrensbeiständin schlägt Umgang alle acht Wochen für 1 Stunde vor. Die Pflegeeltern sind total verunsichert. Sie haben die Großmutter ganz am Anfang der Vollzeitpflege schon einmal kennengelernt und kamen gar nicht mit ihr zurecht. Unfreundlich, fordernd, unhöflich. Außerdem haben sie Angst, dass das Kind tatsächlich zur leiblichen Großmutter ziehen soll.
Die Angst war unberechtigt. Die Richterin am Amtsgericht fand gleich klare Worte. Ein Umgangsrecht der Großmutter bestehe nur, wenn es für das Kindeswohl förderlich sei. Das sehe sie hier nicht. Die Großmutter habe sich jahrelang nicht gemeldet, wolle das Kind aus seiner sozialen Familie herausnahmen und hat einen völlig überdimensionierten Umgangsantrag gestellt. Sie schlage vor, dass die Großmutter regelmäßig Briefe schreibe. Wenn sich daraus ein positives Interesse des Kindes entwickle, die Großmutter persönlich kennenzulernen, könne man über Kontakte nachdenken. Bis dahin nicht. Ende der Verhandlung.