#48 Umgang während des Lockdowns

| Fragen und Antworten

Frage:

 

Kann ich im Lockdown den Umgang unseres Pflegekindes mit den leiblichen Eltern absagen?

 

Antwort:

 

Gerichte, Parlamente und Behörden sind grundsätzlich der Auffassung, dass Umgang sein muss. Egal, was ist. Umgangsregelungen, vor allem gerichtliche, sind unbedingt umzusetzen. Unabhängig von Corona, Risikogruppe oder Lockdown. Ausnahmen werden nur in extremen Ausnahmefällen akzeptiert. Wenn das Kind unter Quarantäne steht oder die Indexwerte am Umgangsort sehr hoch sind. Es müssen aber stets Ersatzlösungen gesucht werden. Beispielsweise durch Videoumgang oder Telefonkontakte. Selbst das Tragen von Masken oder das Einhalten des Mindestabstandes wird beim Umgang nicht verlangt. Dabei gehen aber alle Beteiligten, allen voran die Bundesregierung in ihren Corona-Umgangs-Empfehlungen von der „Kernfamilie" aus. Mama und Papa leben, warum auch immer, nicht mehr unter einem Dach. Dann muss wenigstens Umgang, möglichst im Wechselmodell stattfinden. Sonst leidet das Kind seelisch und entwicklungsmäßig. Vergessen wurden dabei die Kinder, die in Pflegefamilien oder Einrichtungen leben, die nur begleiteten Umgang mit den leiblichen Eltern ertragen können oder Kinder, für die persönlicher Kontakt mit früheren Bezugspersonen aufgrund negativer Erfahrungen (Vernachlässigung, Misshandlung) eine ganz besondere Belastung / Herausforderung darstellt. Hier sind sich die zuständigen Stellen, allen voran die Familiengerichte zumindest einig, dass Umgang dann ausfallen muss, wenn die Begleitperson, der Umgangspfleger oder eine andere Person, die am Umgang beteiligt ist, nicht (mehr) zur Verfügung steht. Soll / Muss Umgang nur unter Beteiligung eines Dritten stattfinden und fällt dieser aus (Quarantäne, Angst vor Ansteckung, gehört zur Risikogruppe) oder steht eine fest vereinbarte Räumlichkeit nicht mehr zur Verfügung (wegen CORONA haben ja viele freie Träger ihre Leute abgezogen und Häuser geschlossen) fällt auch der Umgang aus. Es muss dann aber versucht werden, eine Ersatzlösung zu finden. Also ein anderer Umgangsbegleiter, ein anderer Raum, eine andere Form (Video, Telefon). Alle anderen Coronagründe (zu viele Kontakte, Risikogruppe, kein Einhalten der Hygieneregeln) zählen nicht. Selbst das Tragen von Masken oder das Einhalten des Mindestabstandes wird in diesen Umgangskonstellationen nicht verlangt. Das könne man den leiblichen Eltern nicht zumuten. Möglich ist es aber, Umgangserweiterungen in Coronazeiten zu stoppen. Die geplante unbegleitete Übernachtung bei der leiblichen Mutter oder der erste unbegleitete Samstag mit den Geschwistern auf dem Spielplatz können verschoben werden, wenn das Coronarisiko zu hoch ist. Gerade die unklaren familiären und/oder hygienischen Umstände in den „fremden" Haushalten enthalten ein hohes Infektionsrisiko. Ich empfehle mit allen Beteiligten die individuelle Situation zu besprechen. Mit dem Ziel der Senkung des Ansteckungsrisikos, nicht mit dem Ziel der Umgangsaussetzung. Es müssen alle Ängste ernst genommen und alle Ideen und Vorschläge geprüft werden. Durch das Reduzieren von beteiligten Personen, das Einhalten von Hygieneauflagen oder das Verändern von Zeiträumen oder Treffpunkten kann viel Risiko minimiert, viel Ängste genommen und viel Ruhe für das Kind geschaffen werden. Im Zweifel muss das Familiengericht entscheiden. Das kann und sollte auch von Pflegeeltern angerufen werden.