Pflegegeld bei Heimunterbringung?

| Jugendamt, Pflegegeld, Rechte des Pflegekindes und der Pflegeeltern

In einem Rechtsgutachten beschäftigt sich das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF) damit, ob den Pflegeeltern eines inzwischen stationär untergebrachten Kindes bei regelmäßigen Besuchszeiten und in den Ferien eine Vergütung vom städtischen Jugendamt zusteht. Hintergrund: Ein 2010 geborenes Kind lebt von 2014 bis 2018 bei einer Pflegefamilie und wurde nach dem Scheitern des Pflegeverhältnisses in einer stationären Einrichtung betreut. Die Pflegefamilie möchte das Kind zu regelmäßigen Besuchen und in den Ferien zu sich nehmen, da kein Kontakt mehr zu der Herkunftsfamilie des Kindes besteht.

 

Das Jugendamt fragt, ob in diesem Fall den Pflegeeltern eine Vergütung zusteht und ob eine Pflegeerlaubnis zu erteilen ist. Es ist unsicher, ob eine parallele Gewährung der Leistungen zur Vollzeitpflege (§ 33 SGVIII) und stationäre Unterbringung in Heimerziehung (§ 34 SGVIII) möglich ist. Laut Einschätzungen des DIJuF ist eine parallele Leistungsgewährung nach § 33 und § 34 SGB VIII möglich, wenn für eine Ausbildung, die nicht am Wohnort möglich ist, zusätzlich eine Unterbringung am Ausbildungsort über § 34 gewährt wird. In solchen Konstellationen bleibt die Erziehungsaufgabe in der Verantwortung der Pflegefamilie und beide Hilfearten können parallel gewährt werden.

 

Dem Rechtsgutachten zufolge können grundsätzlich verschiedene Leistungen aus dem Katalog der Hilfen zur Erziehung parallel gewährt werden, solange sie sich nicht in ihrer Zielsetzung gegenseitig ausschließen. Bei dem konkret angefragten Fall ist jedoch fraglich, ob einer anderweitigen außerhäuslichen Unterbringung des Pflegekindes die Grundvoraussetzungen der Vollzeitpflege überhaupt noch gegeben sind, denn die Pflegeeltern haben die Erziehung des Kindes wegen Erziehungsschwierigkeit abgegeben. Ein Nebeneinander von Vollzeitpflege und Heimunterbringung ist daher nicht anzunehmen.

 

Betrachtet man jedoch die Gestaltung der Besuchskontakte, so werden andere Bestimmungen bedeutend: Nach §§ 27,34 SGB VIII ist u.a. das Ziel definiert, das Kind entsprechend seines Alters und Entwicklungsstands sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie zu fördern, den Kontakt zu dieser zu halten, und ggf. sogar die Rückkehr des Kinds in die Herkunftsfamilie zu bewirken. Diese Ziele beziehen sich jedoch alle auf die tatsächliche Herkunftsfamilie, nicht auf die ehemalige Pflegefamilie. Da in diesem Fall jedoch kein Kontakt mehr zur Herkunftsfamilie existiert, können die Besuchskontakte der (ehemaligen) Pflegeeltern auch als ein Teil der Hilfe nach §§ 27, 34 SGB VIII angesehen werden. Auch wenn die Besuchskontakte nicht als Bestandsteil dessen anzusehen sind, so könnten sie dennoch nach §§ 27 Abs. 2 SGB VIII gewährt werden, denn bei der Aufzählung der Hilfen zur Erziehung handelt es sich nicht um einen abschließenden Katalog, sondern das Jugendamt soll im Einzelfall bedarfsorientiert helfen. Durch die bestehende Verbindung zur Pflegefamilie und den fehlenden Kontakt zu Herkunftsfamilie kann es aus erzieherischer Sicht durchaus notwendig und geeignet sein, den Kontakt zur ehemaligen Pflegefamilie aufrecht zu erhalten.

 

Wird aber Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 33-35 SGB VIII bzw. 35 a Abs. 2 Nr. 2-4 SGB VIII gewährt, so besteht auch Anspruch auf Sicherstellung des Unterhalts über § 39 SGB VIII und zwar sowohl für die stationäre Heimunterbringung als auch für die Wochenend- und Ferienbesuche bei den ehemaligen Pflegeeltern.

 

Fazit:

Die Kosten für die Besuchskontakte sind aufgrund der umfassenden Reichweite des § 39 SGB VIII entweder als Teil der Hilfe nach § 34 SGB VIII oder als eigenständige Hilfe zur Erziehung nach § 27 Abs. 2 zu übernehmen. Nach Einschätzung des Instituts ist auch keine Pflegeerlaubnis nach § 44 Abs.1 Satz 1 SGB VIII erforderlich, da nicht davon auszugehen ist, dass der Aufenthalt des Pflegekindes bei seiner ehemaligen Pflegefamilie die Dauer von acht Wochen überschreitet bzw. der Besuch ununterbrochen erfolgt. Auch handelt es sich bei den Pflegeeltern nicht mehr um das Zuhause des Kindes, dieses ist nun vielmehr in der stationären Einrichtung zu sehnen.