Bei Kostenheranziehung ist das Einkommen des Vorjahres maßgeblich

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Wie schon andere Verwaltungsgerichte vorab, hat auch das Oberverwaltungsgericht Bautzen entschieden, dass bei der Kostenheranziehung junger Menschen bei Unterbringung in einer Pflegefamilie oder in einem Heim der § 93 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII herangezogen werden muss. Gemäß dieser Vorschrift ist für den Kostenbeitrag das durchschnittliche Monatseinkommen des Vorjahres maßgeblich. Im Urteil heißt es: Die Regelung bezieht sich auf das Monatseinkommen der „kostenbeitragspflichtigen Person". Mithin auf jeden, der gemäß § 92 SGB VIII herangezogen werden kann, also auch auf einen jungen Volljährigen. Auch eine an Sinn und Zweck orientierte einschränkende Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere ergeben sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift keine Anhaltspunkte, die eine Abweichung von dem Wortlaut der Regelung gebieten würden.

 

Von 100 verdienten Euro bleiben 25 Euro – der Rest dient als Kostenbeitrag dafür, dass die jungen Menschen in der Einrichtung oder Pflegefamilie wohnen. Ein Abzug in solcher Höhe ist bei Jugendlichen und jungen Menschen, die noch bei ihren Eltern wohnen, gänzlich unüblich. Wenn überhaupt, geben sie einen kleinen Teil ihres Ausbildungsgehalts als Beitrag für Wohnen und Verpflegung an die Eltern weiter. In nicht wenigen Fällen erhalten sie von den Eltern auch Zuschüsse zum Einkommen oder BAföG. Gesetzlich ist für junge Menschen in der stationären Kinder- und Jugendhilfe aktuell eine Erleichterung zwar dadurch gegeben, dass der Kostenbeitrag nach dem Einkommen des Vorjahres berechnet wird (§ 93 Abs. 4 SGB VIII): Im ersten Ausbildungsjahr muss ein junger Mensch also keinen Kostenbeitrag zahlen und kann etwas ansparen, bspw. für eine Kaution, wenn er/sie sich im Laufe des zweiten Ausbildungsjahres eine eigene Wohnung suchen will. Diese Vorgabe wird in der Praxis jedoch häufig ignoriert.

 

Die Jugendämter haben zweitens zwar auch die Möglichkeit von der Kostenheranziehung ganz oder teilweise abzusehen (§ 94 Abs. 6 SGB VIII), insbesondere bei Einkommen aus sozialen und kulturellen Tätigkeiten (z. B. Freiwilligendienste) oder wenn die Tätigkeit zum Erreichen der Hilfeziele beiträgt. In der Praxis wird jedoch auch von diesem Ermessenspielraum selten Gebrauch gemacht. Dies hat zur Folge, dass junge Menschen, die in einer Einrichtung oder Pflegefamilie leben, wenig motiviert sind bspw. neben der Schule zu arbeiten, um sich etwas anzusparen. Auch junge Menschen in Ausbildung sind oft sehr enttäuscht, wenn sie weiterhin lediglich über Taschengeldbeträge verfügen, - durchaus auch mit der Folge von Ausbildungsabbrüchen.

 

Die Heranziehung junger Menschen zu den Kosten stationärer Hilfen zur Erziehung diskriminiert diese unangemessen gegenüber Altersgenossen. Die gegenwärtige Heranziehung von 75% des Einkommens widerspricht dem Ziel, den jungen Menschen zu verselbstständigen und damit der „Förderung seiner Entwicklung und [...] Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit" (§ 1 SGB VIII) gerecht zu werden. Die Regelung sollte daher endlich komplett gestrichen werden.