Neulich im Amtsgericht 12

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Die Geschwister waren vom Jugendamt in Obhut genommen worden. Raus aus der Pflegefamilie, in der sie seit ihrem 3. Lebensjahr, jetzt also schon seit über acht Jahren lebten. Begründung: Psychische und körperliche Gewalt. Die Pflegeelter sollen die Kinder eingesperrt, unangemessen bestraft und zum Lügen angestiftet haben. Die Strafverfahren wurden im Laufe der Zeit alle eingestellt. Eine Rückführung versuchten die Pflegeeltern nicht. Das schafften sie seelisch nicht. Die Familie war gebrochen, der Vorwurf der Misshandlung der eigenen Pflegekinder saß tief.

 

Jetzt ging es um Umgang. Der 13-jährige hatte Kontakt gesucht. Über WHATSAPP und Facebook. Anlass für die ehemaligen Pflegeeltern, Umgang beim Gericht einzufordern. Beim Amtsvormund waren sie auf vehemente Ablehnung gestoßen. „Wer seine Pflegekinder misshandelt, ist raus. Den Kindern geht es seelisch nicht gut. Da gibt es grundsätzlich keinen Umgang“. Das sah das Gericht glücklicherweise etwas differenzierter. Der Vorwurf der Misshandlung sei nicht bewiesen. Zudem seien die Kinder schon traumatisiert und seelisch belastet in die Pflegefamilie gekommen. Es sei also sehr wahrscheinlich, dass die seelischen Auffälligkeiten dort begründet seien.

 

Die ehemaligen Pflegeeltern seien wichtige Bezugspersonen der Kinder. Die könne man nicht von heute auf morgen völlig aus dem Leben und der Geschichte der Kinder streichen. Der Amtsvormund konterte. Die Kinder seien alle seelisch sehr belastet durch die Misshandlungen in der Pflegefamilie. Sie brauchten Ruhe und müssten in der Einrichtung, in der sie jetzt lebten, zur Ruhe kommen. Zudem werde derzeit intensiv an Kontakten zu den leiblichen Eltern gearbeitet. Eine Rückführung stehe an. Alle schauten verdutzt? Eine Rückführung zur leiblichen Familie? Davon war in den acht Jahren der Vollzeitpflege nie die Rede. Im Gegenteil.

 

Der Umgang war stark reduziert, um Retraumatisierungen der Kinder zu vermeiden. Letztlich seien die seelischen Probleme der Kinder insbesondere auf die Zeit im leiblichen Elternhaus zurückzuführen. Der Amtsvormund zuckte mit den Schultern. „Ich bin weiterhin der Meinung, dass die Kinder in der Pflegefamilie misshandelt wurden. Egal, was der Staatsanwalt sagt. In der leiblichen Familie hat es nie Missbrauch oder körperliche Gewalt gegeben. Es sei dort nur zu Vernachlässigungen gekommen. Deshalb gehe er davon aus, dass die Kinder schon sehr bald wieder bei ihren richtigen Eltern leben können. Diese arbeiten gut mit dem Jugendamt zusammen und haben aus ihren Fehlern der Vergangenheit gelernt“. Letztlich wurde Umgang vereinbart.

 

Der Wunsch des 13-jährigen war zu stark, um ihn einfach zu übergehen. „Aber nur in Begleitung“, rief der Amtsvormund. „Es muss unbedingt verhindert werden, dass die Pflegeeltern weiterhin dem Kind gegenüber so tun, als seien sie seine Eltern. Das stürzt das Kind in einen Loyalitätskonflikt“.