Namensänderung bei Pflegekindern

| Gerichtsurteil, Rechte des Pflegekindes und der Pflegeeltern

Die faktischen Bezugspersonen sollten auch die rechtlich befugten Bezugspersonen sein, sagen die Familiengerichte. Darum werden auch fast alle Pflegeeltern, die sich trauen, einen Antrag zu stellen, zu Vormündern oder Pflegern ihrer (Pflege-) Kinder bestellt. Anderer Auffassung sind lediglich die Jugendämter.

 

Dasselbe Problem haben wir bei dem Thema Namensänderung. Dauerpflegekindern geht es am besten, wenn sie auch den Nachnamen ihrer (Pflege-) Familie tragen. Das ergibt Sicherheit, Zugehörigkeit, Verbindlichkeit, Normalität. Sagen die Verwaltungsgerichte. Anderer Auffassung sind lediglich die Jugend- und Einwohnermeldeämter. Da wird dann von Identität, Zugehörigkeit, Wurzeln oder vom ewigen Band zwischen Kindern und ihren leiblichen Eltern geredet. Mit dem Ergebnis, dass Kinder jahrelang nach außen erkennbar machen müssen, dass sie irgendwie nicht dazu gehören. Ihre Familie zwar ihre Familie aber eben doch nicht die „richtige" Familie ist.

 

Glücklicherweise folgen die Verwaltungsgerichte dieser Argumentation in der Regel nicht. So auch nicht das Verwaltungsgericht Hannover in einer bemerkenswert deutlichen pro-Namensänderung Entscheidung.

 

Verwaltungsgericht Hannover, Urteil vom 23. Januar 2017 (10 A 3754/16).

 

Der Beklagte wird verpflichtet, den Nachnamen der Klägerin von "Sa." in "So." zu ändern. Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beigeladenen und der Beklagte als Gesamtschuldner. Im Übrigen trägt jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst.

 

Tatbestand. Die Klägerin begehrt die Abänderung ihres Familiennamens. Die 2005 geborene Klägerin steht seit 2014 unter der Vormundschaft der Pflegeeltern. Die Pflege haben die Vormunde kurz nach der Geburt der Klägerin übernommen. Mit Beschluss vom 24. Juni 2015 erteilte das Amtsgericht S. den Vormunden die Genehmigung, den Antrag zur Änderung des Familiennamens der Klägerin in So. zu stellen. Das Gericht hatte die Klägerin angehört und dabei habe die Klägerin ihren Wunsch nach Änderung des Namens geäußert. Am 26. Juli 2015 stellte die Klägerin den Antrag auf Namensänderung bei dem Beklagten mit dem Verweis darauf, die Klägerin habe den Wunsch, den Namen zu ändern. Ihr Therapeut und die Mitarbeiter des Jugendamtes seien auch der Meinung, dass dies zu inneren Sicherheit und Stabilität der Klägerin beitragen könne. Die Mutter der Klägerin ist im Juli 2013 verstorben, der Aufenthalt des Vaters ist unbekannt. Die Klägerin hatte zu diesem nie Kontakt. Die Beigeladene zu 1) ist die Großmutter der Klägerin, die Beigeladene zu 2) und zu 3) sind die Halbgeschwister. Unter dem 5. August 215 äußerte sich Herr G. vom Jugendamt der Beklagten intern zu dem Antrag: ...Seitdem L. die Klägerin in der Pflegefamilie lebt finden regelmäßige Besuchskontakte statt. Während der Besuchskontakte trifft sie ihre Großmutter, und ihre (bei der Großmutter lebenden, eig. Erg.) Schwestern, die beide bei der Großmutter leben, sowie ihren Onkel. Aus der Akte geht hervor, dass ihre am 6.07.2013 verstorbene leibliche Mutter, nur zweimal an dem Kontakt teilnahm. Ihr leiblicher Vater, hatte nie Kontakt zu seinem Kind. Aus fachlicher Hinsicht ist es bzgl. der Namensannahme von Dauerpflegeeltern, sinnvoller mit einer Entscheidung zu warten bis das Pflegekind, das vierzehnte/fünfzehnte Lebensjahr vollendet hat. Da es in der Regel erst dann die Tragweite einer solchen Entscheidung erkennen kann. Außerdem würde die Annahme des Namens der Pflegefamilie, die Distanz zu den leiblichen Verwandten, im vorliegenden Fall insbesondere zu den Geschwistern und der Großmutter noch vergrößern... ...Für eine Namensänderung würde hingegen sprechen, dass L. in der Pflegefamilie und deren sozialen Umfang vollwertig integriert ist. Sie hat in der Pflegefamilie ihren Lebensmittelpunkt gefunden. Zu den Pflegeeltern besteht eine soziale Elternschaft mit verlässlichen Bindungen. Ich habe den Bremer Psychologen J., bei dem sich L. in Behandlung befindet darum gebeten, mit ihr bzgl. einer eventuellen Namensänderung zu sprechen. Herr J. kam dieser Bitte nach, und teilte mir am 26.01.2015 telefonisch mit, er habe den Eindruck, dass auch L. gern den Namen der Pflegeeltern annehmen möchte. Meine anschließende Frage, ob der den Eindruck habe, dass das Kind vorher von den Pflegeeltern diesbezüglich manipuliert wurde verneinte er. Mit Schreiben vom 14. August 2015 forderte der Beklagte die Klägerin auf, ein psychologisches Gutachten des Therapeuten vorzulegen. Die Klägerin verwies demgegenüber darauf, die Anforderung sei nicht zulässig. Der Namensänderungsantrag ist unbeschieden geblieben. Am 1. Juli 2016 hat die Klägerin Untätigkeitsklage erhoben: Es liege ein die Namensänderung rechtfertigender Grund vor. Das Bundesverwaltungsgericht habe es als ausreichend erachtet, dass die begehrte Namensänderung dem Wohl des Kindes förderlich sei. Der Umgang der Klägerin mit ihren Großeltern und Geschwistern sei kompliziert und sensibel. Einflussversuche von deren Seite seien zu erwarten. Die Klägerin legt im gerichtlichen Verfahren eine Stellungnahme des die Klägerin behandelnden Diplompsychologen J. vom 16. Januar 2017 vor: L. befindet sich seit dem 28.04.2014 aufgrund einer Einfachen Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0 ICD10) in verhaltenstherapeutischer Behandlung. L. hat sich nach meiner Einschätzung im Zeitraum der Behandlung emotional immer weiter stabilisiert und ist nun gut in der Lage, eigene Wünsche zu äußern. Die Pflegeeltern beteiligten sich regelmäßig, zuverlässig und aktiv am Therapieprozess. Mir gegenüber erzählte L. von sich aus den Wunsch den Namen ihrer Pflegeeltern annehmen zu wollen. L. empfindet die Pflegeeltern als ihre Hauptbezugspersonen im Sinne eines familiären Kontexts. Den Namen So. möchte sie gerne annehmen, da sie dann auch dem Namen nach zu dieser Familie gehört und nicht mehr erklären muss, warum sie anders heißt.

 

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er verweist darauf, dass die Voraussetzungen für eine Namensänderung nicht erfüllt seien. Es fehle ein wichtiger Grund. Aus der Stellungnahme des Jugendamtes ergebe sich die Förderlichkeit der Namensänderung nicht. Der Beschluss des Amtsgerichts stelle sie auch nicht dar. Im Gegenteil spreche ein öffentliches Interesse dafür, dass die Beziehungen der Klägerin zu ihren Großeltern und Geschwistern nicht geschwächt werde. Die Beigeladenen wenden sich gegen die Namensänderung. Es sei beabsichtigt, den Umgangskontakt auszuweiten. Dies sei dem Kindeswohl förderlich. Insbesondere zu M. habe die Klägerin eine enge Bindung. Die Großmutter strebe die Übertragung der Vormundschaft an.

 

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung den Zeugen G. vernommen. Auf das Protokoll über die Beweisaufnahme wird Bezug genommen. Außerhalb der mündlichen Verhandlung hat eine Vertreterin des Beklagten in einer Sitzungsunterbrechung die Klägerin zu ihrem Begehren angehört. Hierüber hat die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegeben: Ganz zu Anfang habe ich sie gefragt, ob sie die Namensänderung wolle. Dies hat sie bejaht. Ich habe sie dann gefragt, ob sie durch ihre Pflegeeltern auf diese Idee gekommen sei. Das hat sie dann bejaht. Ich habe dann gefragt, ob es ihr auch in der Schule bereitet, einen anderen Namen zu haben. Daraufhin erklärte sie, dass dem nicht so sei, weil die anderen Kinder um ihre Situation wüssten. Und sie müsse das auch nicht erklären. Ich habe sie gefragt, warum sie auf den Wunsch gekommen sei, dazu habe sie gesagt, dass die erwachsenen Kinder in der Familie So. den Namen führen und sie ihn deshalb haben möchte. Ich habe sie dann gefragt, ob die Pflegeeltern sie auf den Gedanken gebracht hätten, einen gemeinsamen Namen zu führen. Das hat sie dann bejaht und ergänzt, dass sie es wünsche, denselben Namen wie die Geschwister So. zu führen. Dann habe ich weiter gefragt, ob die Klägerin Probleme habe, wenn sie weiter Sa. heiße. Dies habe sie verneint. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass der Klägerin die Bedeutung einer Namensänderung noch nicht bewusst ist. Ich habe die Klägerin noch gefragt, ob sie den Wunsch nach einer Namensänderung aufgrund von Problemen entwickelt habe. Das hat sie verneint. Sie hat keine Probleme sagte sie mir. Ich habe dann L. auch noch gefragt, ob sie mit ihren Geschwistern über die Namensänderung gesprochen habe, aber die hätten ihr gesagt, dass sie nicht darüber reden wollten.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e. Die - als Untätigkeitsklage nach § 75 Satz 1 VwGO - zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die begehrte Namensänderung, so dass die Unterlassung des Beklagten, den diesbezüglichen Verwaltungsakt vorzunehmen rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

 

Die verfahrensrechtliche Voraussetzungen für die begehrte Namensänderung liegen vor. Der Familienname eines deutschen Staatsangehörigen kann auf Antrag geändert werden (§ 1 Namensänderungsgesetz - NÄG). Für eine beschränkte geschäftsfähige oder geschäftsunfähige Person stellt der gesetzliche Vertreter den Antrag (§ 2 Abs. 1 Satz 1 NÄG). Dies sind im vorliegenden Fall die mit Genehmigung des Amtsgerichts als Vormunde bestellten Pflegeeltern. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die begehrte Namensänderung liegen vor. Gemäß § 3 Abs. 1 NÄG darf ein Vor- und Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Nach § 3 Abs. 2 NÄG sind die für die Entscheidung erheblichen Umstände von Amts wegen festzustellen. Bei dem Begriff , „wichtiger Grund" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der unbeschränkten gerichtlichen Nachprüfung unterliegt.

 

Die Anwendung des § 3 Abs. 1 NÄG wird nicht durch das zivilrechtliche Kindesnamensrecht ausgeschlossen. Letzteres regelt in den §§ 1616 bis 1618 und §§ 1757, 1765 BGB den Erwerb und die Änderung des Familiennamens des Kindes in Abhängigkeit vom Namen bzw. Namenswechsel seiner Eltern oder seines Elternteils im Rahmen des rechtlichen Eltern-Kind-Verhältnisses, das durch die rechtliche Zuordnung des Kindes nach der Abstammung (§§ 1591 ff. BGB) oder in Folge einer Adoption (§§ 1741 ff. BGB) vorgegeben wird. Die Namensintegration eines Pflegekindes in die Pflegefamilie im Rahmen einer faktischen Elternschaft ist im zivilrechtlichen Namensrecht nicht vorgesehen, ohne dass sie damit aber von vornherein zwingend ausgeschlossen wäre. Deshalb ist in Pflegefällen der Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 NÄG, dessen Zweck darin besteht, Unzuträglichkeiten des zivilrechtlichen Namensrechts im Einzelfall zu beseitigen, ohne weiteres eröffnet (BayVGH, Urteil vom 07.03.2008 - 5 B 06.3062 -, BayVBI 2009, 278 m.w.N.).

 

Ein die Namensänderung rechtfertigender wichtiger Grund im Sinne von § 3 Abs. 1 NÄG liegt dann vor, wenn die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden Umstände ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergibt (BVerwG, Urteil vom 20.02.2002 - 6 C 18.01 -, BVerwGE 116, 28/34 f-). Ein wichtiger Grund für eine Änderung des Familiennamens wie auch des Vornamens ist gegeben, wenn das schutzwürdige Interesse des Namensträgers an der Ablegung seines bisherigen Namens und der Führung des neuen Namens Vorrang hat vor dem schutzwürdigen Interesse der durch eine Namensänderung betroffenen Dritten und vor den in den gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck gekommenen Grundsätzen der Namensführung, zu denen auch die Ordnungsfunktion des Namens sowie sicherheitspolizeiliche Interessen an der Beibehaltung des bisherigen Namens gehören (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.05.2001 - 6 B 23/01-, StAZ 2001, 336). Grundsätzlich regelt das Bürgerliche Recht das Namensrecht abschließend. Die öffentlich-rechtliche Namensänderung hat Ausnahmecharakter und verfolgt allein den Zweck, Unverträglichkeiten zu beseitigen, die bei der Führung des nach Bürgerlichem Recht zu tragenden Namens auftreten. Diesem Grundsatz liegt die Wertung des Gesetzgebers zugrunde, dass ein öffentliches Interesse an der Beibehaltung des herkömmlichen und nach Bürgerlichem Recht gewählten Vor- und Familiennamens besteht. Vor allem durch den Familiennamen unterscheidet sich eine Person von anderen; ihm kommt insoweit erhebliche Ordnungsfunktion zu. Die Tauglichkeit als Identifizierungsmerkmal würde umso geringer, je leichter eine (unter Umständen sogar mehrfache) Namensänderung möglich wäre. Auch wenn sich durch die neue Regelung des Familiennamensrechts die soziale Ordnungsfunktion des Familiennamens in ihrer Bedeutung für das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 3 Abs. 1 NÄG etwas relativiert haben mag, stellt sie weiterhin einen gewichtigen Belang dar.

 

Bei der Auslegung des Begriffs , „wichtiger Grund" im Sinne des § 3 Abs. 1 NÄG kommt der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Namensänderungsgesetztes vom 1. August 1980, zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 11. Februar 2014 (BAnz AT 18.02.2014 B2), - NamÄndVwV. die Bedeutung eines Maßstabes zu, der bei der Prüfung der Frage nach dem Vorliegen eines wichtigen Grundes mit in die Betrachtung einbezogen werden muss. Diese Verwaltungsvorschrift ist von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates erlassen worden. Sie ist Ausdruck der im Geltungsbereich des Namensänderungsgesetzes bestehenden allgemeinen Anschauung. Sie bildet im gewissen Umfang ein Spiegelbild dieser Anschauung und lässt zugleich auch in etwa erkennen, von welchem Grundgedanken der Gesetzgeber bei der Aufnahme des Begriffs , „wichtiger Grund" in das Namensänderungsgesetz ausgegangen ist (vgl. VGH Baden Württemberg, Urteil vom 28.11.2009 - 13 S 3124/95 -, StAZ 1998, 48). Gleichzeitig dient sie einer einheitlichen Auslegung des Begriffs durch die zuständigen Behörden und der Vermeidung von Ungleichbehandlung.

 

Bei der Namensänderung von Kindern ist das Wohl des Kindes als zentraler Aspekt zu berücksichtigen. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 24. April 1987 (7 C 120.86 -, NJW 1988, 85 ff.) entschieden, dass der Familienname eines in Dauerpflege aufwachsenden und unter pflegeelterlicher Vormundschaft stehenden nichtehelich geborenen Kindes bereits dann in den Pflegeelternnamen geändert werden kann, wenn die dem Wohl des Kindes förderlich ist - und damit nicht die strengeren, für die sogenannten Stiefkindfälle entwickelten Regeln gelten. Das entspricht Nr. 42 NamÄndVwV, wonach dem Antrag eines Pflegekindes auf Änderung seines Familiennamens in den Familiennamen der Pflegeeltern entsprochen werden kann, wenn die Namensänderung dem Wohl des Kindes förderlich ist, das Pflegeverhältnis auf Dauer besteht und eine Annahme als Kind nicht oder noch nicht in Frage kommt. Hierfür spricht, dass der Rechtsordnung anerkannte (vgl. § 1632 Abs. 4 BGB) Daueraufenthalt bei den vormundschaftsbefugten Pflegeeltern dem Pflegekind die zu einer gedeihlichen Entwicklung nötige Geborgenheit einer Familie gibt, in der schon für die leibliche Mutter des Pflegekindes, praktisch wie bei einer Adoption, kein Platz mehr ist. Dasselbe muss erst rechtlich gelten, wenn die Beziehungen des Pflegekindes zu seinen leiblichen Großeltern in den Blick genommen werden (ebenso OVG NRW, Beschluss vom 31.08.2010 - 16 A 3226/08 -, juris; VG Arnsberg, Urteil vom 23.01.2015 - 12 K 2021/13 -. Rn. 21, juris).

 

Gemessen am Maßstab der Förderlichkeit ist ein wichtiger Grund für die Namensänderung der Klägerin gegeben. Im vorliegenden Fall unterscheidet sich die Situation der Klägerin nicht von der Fallgestaltung, die der höchstrichterlichen Rechtsprechung zugrunde liegt. Die Klägerin steht unter der Vormundschaft der Pflegeeltern, womit die Beigeladene zu 1) die Sorge für die Klägerin nicht besitzt. Damit ist die notwendige rechtliche Verfestigung des auf Dauer angelegten Pflegeverhältnisses gegeben, des die Einbenennung der Klägerin in ihre Pflegefamilie unter erleichterten Bedingungen erlaubt.

 

Zwischen der Klägerin und ihren Pflegeeltern besteht ein fast seit der Geburt bestehendes, mehr als elf Jahren andauerndes intensives Eltern-Kind-Verhältnis. Die Klägerin ist in die Pflegefamilie integriert und fühlt sich dieser zugehörig. Dies bestätigt auch die Stellungnahme des Jugendamtes des Beklagten. Der die Klägerin behandelnde Diplompsychologe J. bestätigt entsprechend, dass die Klägerin ihre Pflegeeltern als ihre Hauptbezugspersonen im Sinne eines familiären Kontexts ansieht und den Namen nach zu dieser Familie gehört und nicht mehr erklären muss, warum sie anders heißt. Diese angesichts des Alters der Klägerin in ihrer Einfachheit überzeugende - Erklärung überzeugt. Vor diesem Hintergrund dient die Herbeiführung einer Namensidentität der Dokumentation der Zugehörigkeit der Klägerin zum Familienverband der Pflegeeltern. Diese Dokumentation der Zugehörigkeit ist für die Klägerin wichtig, die kaum eine bildliche Vorstellung von ihren leiblichen Eltern hat, was angesichts des Umstandes nachvollziehbar ist, dass die Klägerin ihren Vater nie und ihre Mutter zuletzt zweimal gesehen hat.

 

Dem Gericht leuchtet es nicht ein, mit dem Jugendamt und dem Beklagten noch eine Zeit verstreichen zu lassen, damit der Wunsch der Klägerin vielleicht ausführlicher begründet geprüft werden kann. Dem Kindeswohl ist jederzeit zu entsprechen.

 

Die Namensänderung entspricht dem ausdrücklichen Wunsch der Klägerin, wie auch der Beklagte in seinem Gespräch mit ihr mitgeteilt hat, und wurde mehrfach bei verschiedenen Gelegenheiten und Anlässen immer wieder zum Ausdruck gebracht. Nach der mündlichen Verhandlung ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Wunsch der Klägerin, den gleichen Namen wie ihre Pflegeeltern zu tragen, inzwischen infolge Zeitablaufs wesentlich an Bedeutung verloren hat. Die elfjährige Klägerin wird noch einige Jahre für eine möglichst unbeeinträchtigte Persönlichkeitsentwicklung auf eine enge familiäre Bindung angewiesen sein, die ihr emotionale Sicherheit und das Gefühl der Zugehörigkeit vermittelt, bevor dann mit fortschreitender Pubertät eine allmähliche Verselbständigung eintritt. Die Namensänderung erscheint deshalb nach wie vor geeignet, sich positiv auf ihre weitere Entwicklung auszuwirken. Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass ein anderes Pflegekind der Vormunde seine Geburtsnamen bisher beibehalten hat und somit ein vollständig einheitlicher Familienname nicht existiert, denn der Wunsch sich auch über den Nachnamen mit den nicht leiblichen, aber tatsächlichen Eltern zu identifizieren, vor allem wenn sie ausschließlich die Bezugspersonen sind, kann unterschiedlich ausgeprägt sein (vgl. VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 10.11.2011 - 4 K 160/11 -, juris; VG Regensburg, Urteil vom 02.08.2013 - RN 2 K 13.698 -, Rn. 28; VG Arnsberg, Urteil vom 23.01.2015 - 12 K 2021/13 - Rn. 36, juris). Nicht entscheidend ist für das Gericht - anders wohl für die Beigeladenen und den Beklagten -, inwieweit der Wunsch der Klägerin, den Namen zu ändern von ihr selbst gebildet wurde. Die Kenntnis von der Möglichkeit, ein Namensänderungsverfahren durchzuführen, kann bei 10-jährigen Kindern nicht erwartet werden, so dass naturgemäß der Hinweis auf diese Möglichkeit an sie herangetragen werden muss, was die Kammer nicht beanstanden kann. Der weitere Entwurf des Beklagten, die Klägerin könne keine konkreten Probleme bei der bisherigen Namensführung schildern, stellt vielleicht eine Erforderlichkeit der Namensänderung, nicht aber die hier maßgebliche Förderlichkeit der Namensänderung in Frage. Für letztere gilt, dass die Klägerin durch die Einbenennung die Möglichkeit hat, sich auch nach außen erkennbar in den neuen Familienverband einzufinden. Das genügt (VG Augsburg, Beschluss vom 14. Mai 2008 - Au 1 K 07.905, BeckRS 2008/42171).

 

Ein die Einbenennung überwiegendes gegenständiges Interesse folgt nicht aus dem Vorbringen der Beigeladenen, aus der potentiellen Ausweitung des Umgangs mit der Klägerin ergebe sich in der Zukunft die Möglichkeit, dass die Klägerin familiär stärker an ihre leibliche Familie ausgebunden werde. Abgesehen davon, ob diese Erwartung überhaupt beachtlich ist. Solange nicht die Aussicht verfolgt wird, dass die Klägerin (erstmals) zu ihrer leiblichen Familie findet, greift der Gedanke nicht durch. Zunächst ist davon auszugehen, dass sich die Absicht der Beigeladenen zu 1), die Vormundschaft für die Klägerin zu gelangen, nicht (alsbald) realisieren lässt. Die Vergangenheit und aus der Sicht des Einzelrichters das Verhalten der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung spricht eher dagegen. Die persönliche Beziehung der Klägerin zu der Beigeladenen zu 1) ist dem Gericht nicht deutlich geworden. Förderungswürdig ist die Beziehung der Klägerin zu den Beigeladenen zu 2) und 3). Diese haben jedoch wie unter Kindern erwartbar deutlich gemacht, dass sie sich in ihrem Kontakt zu den Klägern nicht davon leiten lassen, welchen Nachnamen sie trägt.

 

Die Beigeladene zu 2) hat darauf hingewiesen, dass für sie der Name Sa. ein emotionales Band zu ihrer verstorbenen Mutter bedeutet und dass dieses beschädigt wird, wenn die Klägerin diesen Nachnamen verliert. So verständlich dieser Gedanke ist, kann er doch nicht das Gewicht erreichen, was erforderlich, die Förderlichkeit der Namensänderung zu überspielen. Der Kontakt der Beigeladenen zu 2) und 3) zu der Klägerin kann problemlos dadurch gestaltet werden, dass diese die Klägerin besuchen. Die Beigeladenen zu 2) und 3) sind dazu auf Befragen in der mündlichen Verhandlung auch gerne bereit.

 

Es ist derzeit nicht feststellbar, dass sie Aufrechterhaltung der bisherigen Beziehung der Klägerin zu den Beigeladenen als Folge der Namensänderung beeinträchtigt werden könnte (vgl. zu diesem Problemkreis OVG NRW, Beschluss vom 31.08.2010 - 16 A 3226/08 -, juris). Soweit Erwachsene, die Beigeladene zu 1) und der Onkel der Klägerin, ein Interesse an dem Beibehalt des Namens Sa. reklamieren, ist dem Gericht keine Begründung für den Wunsch zuteil geworden, so dass sich bei ihm der Eindruck bildet, der Fall der Klägerin soll zum Anlass für eine Auseinandersetzung ganz anderer Art, der das Gericht nicht nachgehen muss, herhalten. Öffentliche gegen die Namensänderung streitende Belange hat der Beklagte nicht benannt. Sie sind dem Gericht auch nicht ersichtlich.

 

Danach war der Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht für erstattungsfähig zu erklären, da sie das Gericht nicht der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO). Die Verurteilung der Beigeladenen und des Beklagten in die Kostentragung der Beigeladenen und des Beklagten in die Kostentragung als Gesamtschuldner folgt aus § 159 VwGo i.V.m. § 100 Abs. 4 ZPO.