Akteneinsicht für Pflegeeltern

| Rechte des Pflegekindes und der Pflegeeltern

Pflegeeltern müssen an familiengerichtlichen Verfahren, in denen es um ihr (Pflege-) Kind geht, beteiligt werden. Dass muss beantragt werden und kann nur aus besonderen Gründen abgelehnt werden.

 

Ab Beteiligung sitzen die Pflegeeltern vollwertig mit am Tisch. Sie nehmen an Verhandlungen teil, werden zur Auswahl der Sachverständigen befragt, können Verfahrenskostenhilfe beantragen und haben, vor allem, das Recht, Einblick in die Gerichtsakte und alle beigezogenen Akten zu nehmen. Ein Recht, welches nicht zu unterschätzen ist. Denn oftmals ergibt sich aus den alten Umgangs- oder Sorgeakten, die viele Pflegeeltern erst viele Jahre, nachdem sie das Kind bei sich aufgenommen haben, zu Gesicht bekommen, vieles aus der Geschichte des Kindes, was wichtig, aber, bis dahin, unbekannt war.

 

Viele leibliche Eltern sind gegen ein solches Einsichtsrecht der Pflegeeltern. Auch Jugendämter oder Verfahrensbeistände tun sich mitunter schwer, dieses Recht der (sozialen) Eltern anzuerkennen. Mit unterschiedlicher Begründung. Mal werden Datenschutzgründe angeführt, mal wird gesagt, das würde die „gute Atmosphäre zwischen leiblichen Eltern und Pflegeeltern beeinträchtigen". Mitunter wird die Akteneinsicht schlicht nicht für notwendig befunden, weil sich die Pflegeeltern ja beim Jugendamt über alles Wichtige informieren könnten.

 

Zum Glück machen die Gerichte dieses in der Regel nicht mit, sondern gewährleisten den Pflegeeltern das Recht auf Akteneinsicht recht großzügig. So wie in der nachfolgenden Entscheidung das OLG Celle. Hier hatten sich die leiblichen Eltern noch nicht einmal die Mühe gemacht, irgendwelche Argumente gegen das Akteneinsichtsgesuch der Pflegeeltern zu formulieren, sondern haben sich auf die Position zurückgezogen „Wir sind die Eltern – wir sind dagegen". Das reicht natürlich nicht aus.

 

OLG Celle, Beschluss vom 18. Januar 2016 (21 UF 9/16).

 

Die Beschwerde der Kindeseltern gegen den Beschluss des Amtsgerichtes-Familiengericht – (...)vom 15. Oktober 2015 wird als unzulässig verworfen.

 

Die Kindeseltern tragen die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Der Beschwerdewert beläuft sich auf € 200,-.

 

Gründe

 

Die Beschwerde, durch die sich die Kindeseltern dagegen wenden, dass die am Verfahren beteiligten Pflegeeltern Akteinseinsicht erhalten, ist unzulässig.

 

Bei der Entscheidung über die Akteneinsicht für Verfahrensbeteiligte, die während des laufenden Verfahrens ergeht, handelt es sich um eine Zwischenentscheidung, die nach § 58 Abs. 2 FamFG einer Überprüfung durch das Beschwerdegericht nur dann zugänglich ist, wenn die Endentscheidung angefochten wird ( vgl. Bumiller/Harders/ Schwamb, FamFG, 11. Aufl. 2015, § 13 RZ. 17; Sternal, in: Keidel, FamFG, 17. Aufl. 2011, § 13 Rz. 67 ff.; Pabst, in: Münchener Kommentar, FamFG, 2. Aufl. 2013, § 13 RZ. 13; teilweise a. A.: OLG Jena NJW-RR 2012, 139 f.; Jürgens, Betreuungsrecht, 5. Aufl. 2014, § 13 RZ. 15). Dies folgt schon daraus, dass die Akteneinsicht im laufenden Verfahren regelmäßig dazu dient, dem betreffenden Beteiligten eine sachgerechte Verfahrensführung zu ermöglichen. Sie ist daher Teil des zu gewährenden rechtlichen Gehörs (vgl. Sternal, in: Keidel, a. a. O., § 13 Rz. 24), ebenso wie andere, das Verfahren betreffende Handlungen soll sie die Endentscheidung in der Sache nur vorbereiten. Es ist daher kein Grund erkennbar, die Entscheidung über die Akteneinsicht während eines laufenden Verfahrens anders zu behandeln als andere, nur das Verfahren betreffende und damit die Art und Weise, in der das Recht auf rechtliches Gehör verwirklicht wird, gestaltende Entscheidungen zu behandeln. Eine gesonderte Anfechtung ist insofern nach § 58 Abs. 2 FamFG ausdrücklich nicht vorgesehen.

 

Anders als das Amtsgericht meint, folgt hier aus einer nicht zu erwartenden Endentscheidung keine andere Beurteilung. Es ist schon nicht zu erkennen, weshalb eine anfechtbare Entscheidung zur elterlichen Sorge nicht zu erwarten sein soll. Derzeit beruht der Entzug elterlicher Befugnisse allein auf der einstweiligen Anordnung; das anhängige Hautsacheverfahren bedarf noch einer- von Amts wegen treffenden - Entscheidung. Eine Ausnahmesituation, in der eine zu treffende Zwischenentscheidung gleichwohl anfechtbar sein muss, liegt deshalb nicht vor.

 

Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Beschwerde auch unbegründet wäre. Nach § 13 Abs. 1 FamFG ist Beteiligten auf Antrag Akteneinsicht zu gewähren, soweit nicht schwerwiegende Interessen anderer Personen Entgegenstehen. Derartige Interessen nennen die Kindeseltern hier überhaupt nicht.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Wertfestsetzung auf § 45 Abs. 3 FamGKG.