Freiwillige Sorgerechtsübertragung

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Neulich im Amtsgericht. Die leiblichen, gemeinsam sorgeberechtigten Eltern wollten gerne, dass die Pflegeeltern, bei denen das Kind bereits seit vielen Jahren lebte, das Sorgerecht übernehmen. Sie unterzeichneten eine Erklärung, dass sie mit der Übertragung der elterlichen Sorge auf die Pflegeeltern einverstanden sind.

 

Mit dieser Erklärung reichten die Pflegeeltern beim Amtsgericht einen Antrag nach § 1630 Abs. 3 BGB ein. Danach kann das Gericht auf Antrag der Pflegeeltern Teile der elterlichen Sorge oder auch die gesamte elterliche Sorge auf Pflegeeltern übertragen, wenn das Kind dort seit längerer Zeit als Pflegekind lebte.

 

Der zuständige Amtsrichter, der zugab, dass dieses sein erster Antrag nach § 1630 Abs. 3 BGB war, hatte Bedenken. Das könne man doch auch mit einer Vollmacht regeln. Die Übertragung biete keine Sicherheit, sie könne jederzeit widerrufen werden. Und außerdem seien die Eltern doch erreichbar, da sehe er gar keinen Sinn in einer Sorgerechtsübertragung.
Nach vielen Schriftsätzen, einer Intervention des Jugendamtes pro Pflegefamilie und einem persönlichen Brief des Kindes an das Gericht war der Richter schließlich bereit, dem Antrag stattzugeben. Unter einer Bedingung: Die Eltern müssten die Erklärung persönlich im Gerichtssaal vor ihm als Richter bestätigen. Was ein echtes Problem wurde. Denn die Eltern waren nicht auffindbar.

 

Fast ein ganzes Jahr lang jagten die Beteiligten verschiedenen Adressen hinterher. Ohne Erfolg. Die Eltern meldeten sich zwar ab und zu beim Jugendamt, zogen aber immer wieder um. Das Gericht setzte schließlich eine letzte mündliche Verhandlung an und sagte, entweder die Eltern würden kommen, oder der Antrag wird abgelehnt. Der Termin begann, die Eltern waren natürlich nicht da. Der Richter teilte mit, dass es aktuelle Meldeadressen der Eltern gäbe. Der Vater solle auf einem Campingplatz leben, die Mutter in einer Obdachloseneinrichtung. Mit viel Mühe gelang es, den Richter davon zu überzeugen, die Verhandlung bis 16.00 Uhr auszusetzen. Die Pflegeeltern machten sich auf den Weg zur Mutter, der Anwalt zum Campingplatz. Um 15.00 Uhr traf man sich wieder – mit den Eltern im Schlepptau. Die bestätigen ihren Wunsch, dass nunmehr die Pflegeeltern die elterliche Sorge bekämen und der Richter gab dem Antrag statt. Puh.