Neulich im Amtsgericht 4

| Rechte des Pflegekindes und der Pflegeeltern

Neulich im Amtsgericht. Die Pflegeeltern wollten sich die elterliche Sorge übertragen lassen. Die alleinsorgeberechtigte leibliche Mutter war damit einverstanden. „Dem Kind geht es dort gut. Das soll so bleiben. Sie soll sich da sicher fühlen. Dazu müssen die Pflegeeltern dann aber auch die volle Verantwortung haben".

 

Das Gericht fragte, wog ab und prüfte. Ob sich das die Mutter denn auch gut überlegt habe. Ob sie ihr Kind denn gar nicht mehr sehen wolle. Was denn sei, wenn sie ihre Meinung ändere usw.. Die leibliche Mutter blieb standhaft. „Nein. Ich weiß, was ich will. Das ist das Beste für meine Tochter."

 

Dann kam das Jugendamt an die Reihe. „Wir sind dagegen. Pflegeeltern, die die elterliche Sorge haben, denken oft, dass es sich um ihr eigenes Kind handele. Dann geben sie es später, im Falle eines Falles, nicht wieder her." Wichtig sei es, dass Pflegeeltern immer wissen und erkennen, dass sie nur Leistungserbringer sind und das Kind nur auf Zeit haben. Im Vordergrund müsse immer die Zusammenführung von leiblicher Mutter und Kind stehen. Egal, wie lange es dauere. Und auch dann, wenn die leibliche Mutter es, wie hier, gar nicht wolle. Darum dürften Pflegeeltern niemals die elterliche Sorge bekommen. Dann fühlten sie sich stark und kämpfen für das fremde Kind. Das führe oft zu ganz harten Verhandlungen vor Gericht.

 

Fassungslose Blicke auf Seiten der Pflegeeltern, die das bindungslose und von Alkohol- und Drogensucht der Mutter gezeichnete Kind seit über drei Jahren, seit seiner Geburt, versorgen, betreuen, trösten, beschützen, fördern und lieben. „Wie bitte?" Die Richterin funkt dazwischen: Aber hier sei es doch so, dass die leibliche Mutter unbedingt die Sorge übertragen wolle und die Pflegeeltern ja auch umfangreich Umgang zuließen.

 

Das sah dann auch das Jugendamt ein. „In diesem speziellen Fall vertrauen wir den Pflegeeltern, dass sie das Kind loslassen, wenn die leibliche Mutter es wiederhaben will." Um die Mutter psychisch zu stabilisieren, sei es vielleicht wirklich nötig, die elterliche Sorge zunächst auf die Pflegeeltern zu übertragen. Bedingung sei aber, dass das Kind zu den Pflegeeltern nicht Mama und Papa sage und der Umgang kontinuierlich ausgeweitet werde.

 

Zwischenruf der Mutter: „Alle vier Wochen wie bisher ist völlig okay". Jugendamt: „Nein. Das ist zu wenig. Jede Woche und perspektivisch mit Übernachtungen bei Ihnen. Sonst bekommt das Kind Probleme mit seiner Identität und in der Pubertät." Ergebnis: Die elterliche Sorge wurde übertragen. Die Mitarbeiterin des Jugendamtes, die den Fall gar nicht kannte und nur vertretungsweise anwesend war, verabschiedete sich mit den Worten: „Das machen Sie ganz toll mit dem Kind. Ganz toll".