Vermittlungsverfahren im Umgang

| Gerichtsurteil, Rechte des Adoptivkindes und der Adoptiveltern

Wer sich über den Umgang des Kindes mit seinen leiblichen Eltern gerichtlich einigt oder zu einem bestimmten Umgang gerichtlich verpflichtet wird, kann die Einigung oder den Beschluss jederzeit angreifen, wenn sich die Umstände geändert haben. Einfachstes Mittel: Das umgangsrechtliche Vermittlungsverfahren. Hier wird nicht gleich neu gestritten und gerungen sondern lediglich mit Hilfe des Gerichts über eine „Anpassung" diskutiert. Ein sehr mildes, sehr erfolgreiches und sehr konfliktentschärfendes Verfahren.

 

Nur leider steht dieses Vermittlungsverfahren nur leiblichen Eltern offen. Nicht den Pflegeeltern. Noch nicht einmal Vormündern. Nur wer mit dem Kind „leiblich" verbunden ist, darf das Familiengericht um Vermittlung im Umgangsstreit bitten. Pflegeeltern und Vormünder müssen gleich streitige Anträge stellen, wenn sich die Umstände geändert haben und Anpassungen nötig sind. Das hat zuletzt das Hanseatische Oberlandesgericht entscheiden. Schade. Sehr schade. Bleibt zu hoffe, dass der Gesetzgeber diese überflüssige „Lücke" bald schließt.

 

Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen. 4 WF 77/15 = 70 F 2078/15 Amtsgericht Bremen.

 

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bremen vom 16.4.2015 wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

 

I.

Die Antragstellerin ist die Großmutter väterlicherseits des am 12.3.2001 geborenen ... und der am 22.8.2003 geborenen ... . Sie ist ferner Vormund und Pflegemutter der genannten Kinder. Beide Kinder leben seit fast neun Jahren als Pflegekinder in ihrem Haushalt. Die Antragstellerin hat beim Familiengericht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein Vermittlungsverfahren nach § 165 FamFG, gerichtet auf Vermittlung des Umgangs der Kinder mit der leiblichen Mutter, beantragt. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 16.4.2015, der der Antragstellerin am 4.5.2015 zugestellt worden ist, hat das Familiengericht den Verfahrenskostenhilfeantrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass ein Vermittlungsverfahren nach § 165 FamFG nur Eltern eines gemeinschaftlichen Kindes zur Verfügung stehe. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 12.5.2015 beim Familiengericht eingegangenen sofortigen Beschwerde.

 

II.

Die gemäß §§ 76 Abs.2 FamFG, 127 Abs.2 S. 2, 567 Abs.1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg.

 

Zu Recht hat das Familiengericht den Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragstellerin mit der Begründung zurückgewiesen, dass die von ihr beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht die gemäß §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht biete, weil das Vermittlungsverfahren nach § 165 FamFG nur Eltern gemeinschaftlicher Kinder vorbehalten sei.

 

Denn schon nach dem klaren Wortlaut des § 165 Abs. 1 S. 1 FamFG steht das Vermittlungsverfahren nur Eltern eines gemeinschaftlichen Kindes bei Streit über die Durchführung einer gerichtlichen Entscheidung oder eines gerichtlich gebilligten Vergleichs über den Umgang mit dem gemeinschaftlichen Kind zur Verfügung. Nicht anwendbar ist § 165 FamFG bei Streit zwischen Eltern und Vormund oder Dritten über die Durchführung einer Umgangsregelung (KG, FamRZ 2003, 1093 - zur Vorgängernorm § 52 a FGG; Prütting/Helms/Hammer, FamFG, 3. Auflage, § 165 Rn. 4; Horndasch, in Horndasch/Viefhues, FamFG, 3. Auflage, § 165 Rn. 4 ff.; Jansen/Zorn, FGG, 3. Auflage, § 52 a Rn. 3; FA-FamR/Büte, 9. Auflage, Kap. 4 Rn. 675; Schael FamRZ 2005, 1796). Selbst das Kind, das nach § 1684 Abs.1 BGB ein subjektives Recht auf Umgang hat, kann das Vermittlungsverfahren nicht in Anspruch nehmen (KG, FamRZ a.a.O.; Schael, a.a.O.). Denn der Einführung des Vermittlungsverfahrens liegt die besondere Situation getrennt lebender Eltern eines gemeinschaftlichen Kindes zugrunde. Ihnen soll nach dem Willen des Gesetzgebers bei Streitigkeiten über die Ausübung des Umgangs mit einem gemeinschaftlichen Kind im Vorfeld von Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung der gerichtlichen Umgangsregelungen eine einvernehmliche Konfliktlösung mithilfe des Gerichts ermöglicht werden, ohne dass sie sich bereits mit widerstreitenden Verfahrensanträgen gegenüberstehen. Dabei setzt der Gesetzgeber auf die Erkenntnis, dass eine einvernehmlich herbeigeführte Konfliktlösung größere Akzeptanz findet und damit eine höhere Wahrscheinlichkeit auf deren Einhaltung besteht (Jansen/Zorn, a.a.O., § 52a Rn. 1; BT-Drs. 13/4899 Seite 173). Diesem Ziel einer einvernehmlichen Konfliktlösung dient auch die vom Gesetzgeber vorgesehene Gestaltung des Umgangstermins, die in § 165 Abs. 3 FamFG geregelt ist. Dort ist unter anderem vorgesehen, dass das Gericht darauf hinweist, dass im Falle der Vereitelung oder Erschwerung von Umgangskontakten die elterliche Sorge eingeschränkt oder entzogen werden kann. Das Gericht hat die Eltern ferner auf die bestehenden Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und -dienste der Träger der Kinder- und Jugendhilfe hinzuweisen. Diese vom Gesetz vorgesehenen Erörterungen - die beispielsweise im Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Vormund keinen Sinn ergäben - machen deutlich, dass das Vermittlungsverfahren auf die spezielle, konfliktbelastete Situation zwischen getrennt lebenden Eltern eines gemeinschaftlichen Kindes zugeschnitten ist (Schael, a.a.O.; Zöller/Lorenz, ZPO,30. Auflage, § 165 FamFG Rn. 1). Diese Situation ist nicht vergleichbar mit anderen Konstellationen, etwa mit Umgangsstreitigkeiten zwischen leiblichen Eltern und einem Vormund. Für eine analoge Anwendung der Vorschrift auf diese Fälle bleibt danach kein Raum.