Krankenhilfe, Kosten für Zahnspange

| Finanzen, Rechte des Pflegekindes und der Pflegeeltern

Jedes zweite Kind leidet an einer Zahn- und /oder Kieferfehlstellung. Eine herausnehmbare oder festsitzende Zahnspange ist dann in den meisten Fällen unumgänglich. Die Kosten für eine Zahnspange liegen je nach Aufwand, Material und Technik zwischen 2.000 und 6.000 Euro.

 

Ob die Krankenkasse die Kosten für eine Spange übernimmt, hängt von dem Behandlungsbedarf ab. Dieser wird in kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG) eingestuft und vom Kieferorthopäden ermittelt. Die KIG 1-2 stellen eine leichte Fehlstellung fest. Die Krankenkasse sieht in diesen Indikationen einen rein optischen Behandlungsbedarf und übernimmt keine Leistungen.

 

Eine erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung liegt in den KIG 3-5 vor und die Kasse übernimmt bei Kindern bis zum 18. Lebensjahr die Kosten im Rahmen der Regelversorgung. Dabei müssen 20% der Gesamtkosten während der Behandlung selbst getragen werden. Nach erfolgreichem Abschluss der Behandlung werden diese von der Kasse wieder erstattet.

 

Hochwertige privatärztliche Leistungen wie Kunststoff- und Keramikbrackets oder unsichtbare Schienentherapien, die einen besseren Tragekomfort bieten oder schnellere Therapieerfolge versprechen, müssen selbst übernommen werden. In vielen Fällen ist auf Grund der Schwere der Fehlstellung eine höherwertige Therapie unumgänglich.

 

Darüber hinaus ist das Kariesrisiko bei Spangenträgern deutlich erhöht und die Pflege der Zähne ist enorm wichtig. Die Kassen übernehmen die professionelle Zahnreinigung, die Glattflächenversiegelung vor dem Bekleben der Brackets und die Fissurenversiegelung nicht oder nur zu geringen Anteilen.

 

Schnell kommt zwischen 1000,- und 2000,- Euro Eigenanteil zusammen, für die die gesetzliche Kasse nicht aufkommt.

 

Die Frage ist, ob das Jugendamt die Kosten für Pflegekinder, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, übernehmen muss.

 

Antwort: In der Regel ja. Das Jugendamt muss sowohl den Eigenanteil an der kassenärztlichen Leistung, als auch die (privaten) Zusatzleistungen bezahlen. Wobei private Zusatzleistungen, die gar nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkasse gehören, nur dann übernommen werden müssen, wenn sie medizinisch notwendig sind. Das ist im Einzelfall vor allem vor dem Hintergrund zu diskutieren, dass grundsätzlich ja gesetzliche Krankenkassen alle medizinisch notwendigen Maßnahmen bezahlen müssen. Nach den Umgestaltungen und Leistungskürzungen der letzten Jahre kann jedoch nicht mehr davon ausgegangen werden, dass sich der volle Bedarf in jedem Fall anhand des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenversicherung ablesen und decken lässt. Daher sind im Einzelfall auch Maßnahmen medizinisch nötig, die nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkasse gehören. Zumal Maßstab immer der individuelle Bedarf des betroffenen Kindes ist. Und der kann bei Kindern, die in Pflegefamilien leben von der „Regel" abweichen.

 

Im Einzelfall kann das Jugendamt auch die Kosten einer privaten Zusatzversicherung übernehmen. Eine Möglichkeit die in vielen Fällen sicherlich sehr sinnvoll ist. Vorausgesetzt, man schließt sie frühzeitig ab und nicht erst dann, wenn die Zahnspange bestellt werden muss.

 

In der Regel besteht der Zahlungsanspruch gegen das Jugendamt nach § 40 SGB VIII. Dort heißt es:

 

§ 40. Krankenhilfe. Wird Hilfe nach den §§ 33 bis 35 oder nach § 35a Abs. 2 Nr. 3 oder 4 gewährt, so ist auch Krankenhilfe zu leisten; für den Umfang der Hilfe gelten die §§ 47 bis 52 des Zwölften Buches entsprechend. Krankenhilfe muss den im Einzelfall notwendigen Bedarf in voller Höhe befriedigen. Zuzahlungen und Eigenbeteiligungen sind zu übernehmen. Das Jugendamt kann in geeigneten Fällen die Beiträge für eine freiwillige Krankenversicherung übernehmen, soweit sie angemessen sind.

 

Wenn kein medizinischer Bedarf besteht, Leistungen aber etwa für die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft notwendig erscheinen, beispielsweise Zahnbehandlungen, kommt eine Übernahme der Kosten im Einzelfall auch als unterhaltsrechtlicher Bedarf nach § 39 Abs. 1 SGB VIII in Betracht.

 

§ 39. Leistungen zum Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen. (1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Abs. 2 Nr. 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen.