Vormundschaft – Beschwerderecht

| Rechte des Pflegekindes und der Pflegeeltern, Vormundschaft

Immer wieder müssen sich Gerichte mit Großeltern oder Pflegeeltern beschäftigen, die als Vormund für ihr Enkel- oder Pflegekind bestellt werden wollen oder mit Großeltern oder Pflegeeltern, die nach dem Willen der leiblichen Eltern, denen das Sorgerecht entzogen worden ist, als Vormünder ausgewählt werden sollten. Gegen Entscheidungen des Gerichts haben Großeltern und übergangene Pflegeeltern (leider) kein eigenes Beschwerderecht.

 

Zuletzt hatte das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerde von Großeltern zu entscheiden, die ihr bei einer Pflegefamilie lebendes Enkelkind zu sich holen wollten. Ihre Bestellung als Vormund wurde jedoch vom Gericht abgelehnt. Das Bundesverfassungsgericht wies darauf hin, dass das Grundgesetz auch familiäre Bindungen zwischen Großeltern und Enkeln schütze.

 

„Wenn solche Bindungen tatsächlich bestünden, komme Großeltern bei der Bestellung als Vormund Vorrang gegenüber nicht verwandten Personen zu, sofern nicht im Einzelfall konkrete Erkenntnisse darüber bestünden, dass dem Wohl des Kindes durch die Auswahl einer dritten Person besser gedient sei."

 

In einem weiteren Fall, lebte das Pflegekind bereits seit über einem Jahr im Einverständnis der Eltern und des Jugendamtes bei den Pflegeeltern. Dennoch wurde eine dritte Person bestellt. Das BVerfG wies die Sache zur erneuten Verhandlung an das Familiengericht zurück. Begründung: Im Regelfall habe der Richter selbst die an sich dem Rechtspfleger obliegende Entscheidung über die Auswahl des Vormunds unmittelbar mit der Entscheidung über den Sorgerechtsentzug zu treffen. Die Auswahl des Vormunds sei unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit integraler Bestandteil der Sorgerechtsentscheidung, von dem abhängen könne, ob der Entzug der elterlichen Sorge überhaupt mit der Verfassung vereinbar sei.

 

Die Gerichte betonen, dass Großeltern und Pflegeeltern kein eigenes Beschwerderecht zustehe, da sie kein eigenes Recht auf Berücksichtigung haben. Gerade in sorgerechtlichen Verfahren soll den Kreis der Beschwerdeberechtigten überschaubar bleiben, um eine zügige Beendigung des gerichtlichen Verfahrens zu ermöglichen.

 

Für die Praxis stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, Großeltern und Pflegeeltern beim Bestehen enger familiärer Beziehungen ein eigenes Beschwerderecht einzuräumen. Denn zum einen ist einem juristischen Laien kaum klarzumachen, dass Großeltern oder Pflegefamilien zwar in ihrem Grundrecht nach Art. 6 Abs.1 GG durch eine Auswahlentscheidung verletzt werden können, sie gleichwohl trotz einer solchen Verletzung nicht in eigenen Rechten beeinträchtigt sein sollen.

 

Die Gerichte betonen, dass gegen die Entscheidung des Rechtspflegers über die Person des Vormunds „Erinnerung" eingelegt werden kann. Dann wird die ganze Angelegenheit erneut vom Richter überprüft. Gegen dessen Entscheidung ist dann allerdings keine Beschwerde möglich. Diese „Rechtsschutzmöglichkeit", so die Gerichte reicht aus, um die Interessen von Großeltern und Pflegeeltern zu wahren.

 

Wenn aber, wie dies regelmäßig in der Praxis bereits geschieht, der Familienrichter entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts bei seiner Entscheidung über den Entzug des Sorgerechts unmittelbar auch die Entscheidung über die Auswahl des Vormundes trifft, geht der Verweis auf die Rechtspflegererinnerung als Überprüfungsmöglichkeit ins Leere.

 

Auf jeden Fall dann, wenn die Auswahlentscheidung zugleich vorgreiflich für eine mögliche Trennung des Kindes von den Großeltern / Pflegeeltern ist, muss es für diese Beteiligten eine echte Beschwerdemöglichkeit geben. Denn die Auflösung des Familienverbundes der Großeltern oder der Pflegefamilie greift in jedem Fall in deren grundrechtliches geschütztes Recht auf familiären Schutz ein. Hier davon zu sprechen, es gehe ja „nur" um die Auswahl des rechtlichen Vertreters ist Augenwischerei und stark kindeswohlgefährdend.

 

Das Kind selbst kann in eigener Person auch keine Beschwerde einlegen. Die Eltern sind in der Regel ebenfalls nicht befugt, Beschwerde im Namen des Kindes einzulegen, wenn ihnen die elterliche Sorge entzogen worden ist. Ein Verfahrensbeistand kann grundsätzlich im Interesse des Kindes Beschwerde einlegen können. Wenn es aber im Grunde um die Frage des Lebensmittelpunktes des Kindes geht, ist zu prüfen, welches Interesse der Verfahrensbeistand verfolgt. Im Zweifel muss dem Kind ein neuer Verfahrensbeistand für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt werde