Betreuer der Eltern als Vormund des Kindes?

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Es gibt immer mal wieder Fälle, in denen bestellt das Gericht die oder den Betreuer/in der leiblichen Eltern zum Vormund oder Pfleger für das in einer Pflegefamilie lebende Kind. Ist den leiblichen Eltern, beispielsweise aus psychischen oder anderen medizinischen Gründen, das Recht entzogen, insgesamt oder teilweise (Gesundheit, Vermögen, Behördenangelegenheiten) für sich selbst zu sorgen, wird für sie ein Betreuer oder eine Betreuerin bestellt. Diese trifft dann im Sinne der Betroffenen die Entscheidungen. Hat die so unter Betreuung stehende Person ein leibliches Kind, wird geprüft, ob sie die elterliche Sorge ganz oder teilweise selbst ausüben kann. Wir das verneint und es muss für das Kind ein Vormund oder ein Pfleger bestellt werden, ist zu prüfen, wer für diese Aufgabe in Betracht kommt. Nur wenn eine geeignete Einzelperson nicht zur Verfügung steht, kann das Jugendamt als Amtsvormund bestellt werden.

 

Viele unter Betreuung stehende Eltern kommen mit ihren Betreuern gut zu Recht. Das sind in der Regel Berufsbetreuer, oftmals Rechtsanwälte oder Rechtsanwältinnen, die sich auf die Führung von Betreuungen spezialisiert haben. Daher äußern sie oft den Wunsch, dass der- oder diejenige dann auch Vormund oder Pfleger für ihr Kind wird. Ein Wunsch, der von den für die Auswahl des Vormunds zuständigen Rechtspflegern in der Regel befolgt wird.

 

Dieses ist problematisch, Denn bei der Führung der Betreuung im Sinne des Betreuten (Elternteils) und der Interessensvertretung des Kindes (als Vormund) kann es leicht zu Interessenkonflikten kommen. Wenn die leibliche Mutter mehr Umgang will, die Pflegefamilie aber dagegen ist. Oder wenn die leiblichen Eltern Kontakt zu leiblichen Geschwistern einfordern, das Pflegekind damit aber überfordert wäre. Gerade in Fällen, in denen die leiblichen Eltern nicht damit einverstanden sind, dass ihr Kind in einer Pflegefamilie und nicht bei ihnen lebt oder die mit den Pflegeeltern nicht zu Recht kommen, sind Interessenkonflikte der sowohl dem leiblichen Elternteil als auch dem Kindeswohl verpflichtete Betreuer/innen vorprogrammiert. Das kann nicht richtig im Sinne des Kindeswohls sein.

 

Rechtlich ist die Frage, ob dieselbe Person Betreuer und Vormund sein kann, nicht klar beantwortet. Im Gesetz steht zunächst, dass derjenige, der zu einer Anstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung, in welcher der Volljährige untergebracht ist oder wohnt, in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung steht, darf nicht zum Betreuer bestellt werden. Gäbe es eine solche Vorschrift auch für Vormünder, könnte der elterliche Betreuer nicht zum Vormund des Kindes bestellt werden. Gibt es aber nicht.

 

Dort heißt:

 

Das Familiengericht soll eine Person auswählen, die nach ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer Vermögenslage sowie nach den sonstigen Umständen zur Führung der Vormundschaft geeignet ist. Bei der Auswahl unter mehreren geeigneten Personen sind der mutmaßliche Wille der Eltern, die persönlichen Bindungen des Mündels, die Verwandtschaft oder Schwägerschaft mit dem Mündel sowie das religiöse Bekenntnis des Mündels zu berücksichtigen.

 

Wählt das Gericht also aus, muss die ausgewählte Person generell „geeignet" sein. Davon ist aber bei denjenigen, die die Betreuung für die leiblichen Eltern ausüben nicht auszugehen. Diese können letztlich die Vormundschaft gar nicht „neutral" nur im Interesse des Kindes führen. Denn sie sind ja in jedem Fall auch verpflichtet, die Interessen der leiblichen Eltern zu wahren und zu vertreten. Beides geht einfach nicht. Der Konflikt ist strukturell bedingt und lässt sich nicht wegdiskutieren. Auch diejenigen, die davon ausgehen, beide Bereiche streng voneinander abgrenzen zu können, können das nicht erfüllen. Denn im Fall des Konflikt oder gegenläufiger Interessen kann man sich nicht entscheiden oder gleichzeitig gegen die Pflichten aus dem anderen „Amt" zu verstoßen.

 

Die Betreuung für einen leiblichen Elternteil und die Vormundschaft oder Pflegschaft für das betroffenen Kind durch ein und dieselbe Person ist daher grundsätzlich abzulehnen.